Behandlungs­methoden bei Prostatakrebs

Jede Phase der Prostatakrebs-Erkrankung hat spezifische Therapien 

 

Vom frühen bis zum metastasierten Stadium durchläuft der Prostatakrebs mehrere Phasen, die jeweils unterschiedliche Anforderungen an eine Behandlung stellen. Je nachdem, wie der letzte Befund ausgefallen ist und wie bisherige Therapien gewirkt haben, wählt der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Patienten den nächsten Behandlungsschritt. Ein wichtiger Faktor in den Verlaufskontrollen ist der PSA-Wert. Ein schnell steigender PSA-Wert spiegelt sich in einer kürzeren PSA-Verdopplungszeit wider. Diese Werte können frühzeitig anzeigen, dass die Erkrankung fortschreitet. Dabei gilt: Je früher das Fortschreiten bemerkt wird, desto schneller und schonender kann die Behandlung ablaufen. So gibt es auch beim fortgeschrittenen Prostatakrebs effektive und nebenwirkungsarme Therapien, die die Entwicklung von Knochenmetastasen hinauszögern. Dadurch erhalten Patienten ihre Lebensqualität und gewinnen wertvolle Zeit.


Im Folgenden bieten wir Ihnen einen Überblick zu den wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten des Prostatakrebses, der die Beratung durch Ihren behandelnden Arzt jedoch in keinem Fall ersetzen kann.

 

Chirurgie

Die operative Prostataentfernung oder Prostatektomie ist ein chirurgischer Eingriff, bei dem die Prostata und die beiden Samenblasen vollständig entfernt werden. Sie bietet vor allem im frühen, lokal begrenzten Stadium des Prostatakrebses sehr gute Chancen für eine Heilung. Da sich der Krebs auch auf die Lymphknoten, vor allem im Beckenbereich, ausbreiten kann, werden diese häufig ebenfalls im Rahmen einer Prostatektomie entfernt. 
Je nach Größe und Art des Tumors kann der Operateur bei dem Eingriff das feine Nervengeflecht im Gebiet der Prostata schonen, das für die Erektion zuständig ist. Doch auch bei modernen Operationsverfahren besteht ein Risiko für Erektionsprobleme und mangelnde Blasenkontrolle nach der Operation. Einige dieser Symptome können sich im Laufe der Zeit auch zurückbilden oder mit Hilfe von Medikamenten gelindert werden.

 

wertvollER Prostatakrebs Chirurgie Operation

Perkutane Bestrahlung

Die Bestrahlung von außen durch die Haut wird auch als perkutane Radiotherapie bezeichnet und kommt ebenfalls im frühen, lokal begrenzten Stadium des Prostatakrebses infrage. Wenn der Tumor noch auf die Prostata begrenzt ist, sind die Strahlentherapie und die Operation gleichwertige Behandlungsmethoden. Wenn das Karzinom lokal fortgeschritten oder auch schon metastasiert ist, kann eine Bestrahlung ebenfalls helfen, vor allem in Kombination mit einer Androgenentzugstherapie und/oder einer Operation. 


Die Strahlentherapie von außen wird ambulant durchgeführt. Das heißt, der Patient kommt an Behandlungstagen zur Sitzung und kann danach wieder nach Hause gehen. Das Bestrahlungsgerät, der sogenannte Linearbeschleuniger, gibt bei der Behandlung die entsprechende Strahlendosis innerhalb weniger Sekunden bis Minuten auf den Tumor ab. Moderne Geräte und Verfahren, wie die intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT), ermöglichen es, gezielt nur den Krebs in hohen Dosen zu bestrahlen und dabei umliegendes Gewebe bestmöglich zu schonen.

 

Brachytherapie mit Seeds oder Afterloading

Im Gegensatz zur Bestrahlung von außen (perkutan), der sogenannten perkutanen Radiotherapie, werden bei der Bestrahlung von innen kleine Strahlenquellen am Ort des Tumors in den Körper eingesetzt. Als Alternative zur operativen Entfernung der Prostata ist sie für Patienten im Frühstadium geeignet. 


Die sogenannten Seeds sind wenige Millimeter große Metallelemente, die mittels Jod-125 oder Palladium-103 radioaktiv sind und in die Prostata eingeführt werden. Dort „strahlen“ sie mit einer sehr geringen Reichweite punktgenau und schädigen so die Tumorzellen. Nach der Behandlung verbleiben die Seeds im Körper.


Beim sogenannten Afterloading bleiben die hoch radioaktiven Metallteilchen nur für wenige Augenblicke im Körper. Die Behandlung erfolgt je nach Befund 3 bis 4 Mal unter einer Kurznarkose jeweils im Abstand von etwa 1 Woche. Auf die Afterloading-Therapie kann dann von Fall zu Fall eine perkutane Bestrahlung folgen.

 

wertvollER Medikamente fortschreitender Prostatakrebs

Androgen-Deprivations-Therapie (ADT/Androgenentzugstherapie)

Männliche Geschlechtshormone (Androgene) wie Testosteron (das wichtigste Androgen) tragen dazu bei, den Prostatakrebs wachsen zu lassen. Um den Androgenspiegel zu senken und so die Erkrankung zu bremsen, wird aus diesem Grund die sogenannte Androgen-Deprivations-Therapie (ADT) eingesetzt (medikamentöse Kastration). Vor allem beim sogenannten Rezidiv, der Rückkehr des Tumors nach Operation oder Strahlentherapie, kommt dieser Hormonentzug zum Einsatz. Und auch beim metastasierten Prostatakarzinom wird die ADT in Kombination mit anderen Therapien fortgeführt. Auf lange Sicht heilen kann der Hormonentzug den Krebs jedoch in der Regel nicht. Die ADT erfolgt in der Regel mit Spritzen, meist unter die Bauchhaut, die im Abstand von mehreren Wochen oder Monaten gegeben werden, solange die ADT wirksam ist bzw. Arzt und Patient diese Behandlung fortführen möchten.

 

Androgene entstehen überwiegend in den Hoden. Für Patienten, die nicht regelmäßig Medikamente anwenden möchten, kommt deshalb auch eine operative Entfernung der Hoden infrage (Kastration). Diese sogenannte Orchiektomie (chirurgische Kastration) wird heutzutage jedoch nur noch selten durchgeführt, da sie nicht rückgängig gemacht werden kann und es zahlreiche medikamentöse Alternativen gibt. Die Behandlung entzieht dem Organismus und damit auch dem Tumor die Androgene jedoch ebenso wirksam wie die medikamentöse ADT.

 

Androgenrezeptor-Inhibitoren (ARI)

Um den in der Regel mit schwerwiegenden Verlusten an Lebenserwartung und -qualität einhergehenden Fortschritt der Erkrankung in das finale hormonresistente Stadium der Erkrankung (mCRPC) so lang wie möglich hinauszuzögern, eignet sich die kombinierte Behandlung mit einer neuartigen anti-hormonellen Therapie (NHT), bspw. mittels eines sogenannten Androgenrezeptor-Inhibitors (ARI) und/oder einer Chemotherapie, sowie Fortführung der Hormonentzugstherapie als Basis. 


ARIs binden an die Androgenrezeptoren der Tumorzellen und verhindern so, dass das Androgen und Wachstumssignal Testosteron andocken kann. In mehreren klinischen Studien zeigte sich, dass dadurch das Fortschreiten des Krebses  effektiv gebremst werden kann.  Besonders effizient ist diese Form der Therapie im frühen, noch hormonsensitiven Stadium der Erkrankung, sowie in Kombination mit weiteren therapeutischen Wirkmechanismen, da hierdurch schon zu Beginn besonders viele Krebszellen an ihrer weiteren Anpassung gehindert werden. Androgenrezeptor-Inhibitoren werden in der Regel ein- bis zweimal täglich als Tabletten eingenommen. Die Behandlung kann so lange erfolgen, wie sie wirksam ist bzw. Arzt und Patient diese Therapie fortführen möchten.

 

Chemotherapie

Die Chemotherapie ist eine weitere systemische Behandlung, die allerdings unspezifisch gegen alle Zellen im Körper wirkt. Chemotherapien werden auch als Zytostatika bezeichnet und bremsen das schnelle Wachstum von Zellen. Da Krebszellen in der Regel besonders schnell wachsen, werde diese sehr effizient durch eine Chemotherapie anvisiert und gebremst. Dazu gehören neben den Ursprungstumoren auch Metastasen. Jedoch sind in geringerem Umfang auch gesunde Zellen betroffen, weshalb die Chemotherapie vor allem für Patienten, die bereits einen metastasierten Prostatakrebs haben, zum Einsatz kommt. Die Chemotherapie wird immer in Kombination mit einer Androgenentzugstherapie eingesetzt und idealerweise zusätzlich mit einem Androgenrezeptor-Inhibitor kombiniert, da dies die Wirksamkeit signifikant verbessert ohne relevante zusätzliche Nebenwirkungen zu verursachen. In vielen Fällen erhalten Patienten eine Chemotherapie als ambulante Infusion in einer spezialisierten Praxis oder im Krankenhaus, regulär in drei-wöchigem Abstand über 6 Zyklen. Die Behandlung selbst dauert meist nur etwa eine Stunde.
Wie erwähnt basieren die Nebenwirkungen der Chemotherapie darauf, dass sie sich schnell teilende Zellen angreift. Daher können bspw. auch Schleimhäute, Haarfollikel und das blutbildende System betroffen sein. Durch unterstützende Maßnahmen, bspw. Kühlung der Kopfhaut und die vorbeugende Gabe von Wachstumsfaktoren für Blutzellen, können diese Auswirkungen aber mittlerweile minimiert werden. Für einige wenige Patienten kommt die Chemotherapie aufgrund eines schon bestehenden schlechten Allgemeinzustandes oder bestimmter Blutwertveränderungen nicht in Frage. Für diese Patienten können ggf. individuelle Behandlungsstrategien mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. 

 

Weitere systemische Therapien 

Zu den systemischen, das heißt im ganzen Körper wirksamen, Therapien gehören auch die Radiopharmazeutika. In diesem Bereich werden unter anderem Alphastrahler verwendet. Sie lagern sich in dem durch Metastasen veränderten Knochengewebe vermehrt ein und geben dort lokal Strahlung ab, die das Tumorwachstum im Knochen bremst.


Eine weitere Behandlungsform wurde Ende 2022 in Europa zugelassen: Bei der PSMA-Ligandentherapie werden aggressive Krebszellen zielgenau bestrahlt. Das Verfahren bindet radioaktive Teilchen an Antikörper, also Eiweiße, die das Prostataspezifische Membranantigen (PSMA) erkennen, das Prostatakrebszellen in größerer Menge bilden und auf ihrer Zelloberfläche tragen. 

 

wertvollER Therapien Prostatakrebs

Unterstützende Behandlung von Knochenmetastasen

Krebs kann die Knochen instabil werden lassen. Aus diesem Grund gibt es speziell entwickelte Medikamente, die die Auswirkungen auf die Knochen von Personen mit fortgeschrittenem in den Knochen metastasiertem Prostatakrebs kontrollieren können.


So können beispielsweise Bisphosphonate den Abbau von Knochengewebe verringern und seine Mineralisierung verstärken. Das erhöht die Stabilität der Knochen und beugt metastasenbedingten Knochenbrüchen und Knochenschmerzen vor. Patienten erhalten das entsprechende Medikament intravenös, durch Injektion unter die Haut oder als Tabletten. 


Eine weitere Möglichkeit bietet die Therapie mit einem sogenannten RANK-Ligand-Hemmer. Dieser Antikörper hemmt ein Eiweiß, das Bildung und Funktion knochenabbauender Zellen steuert. Der Antikörper verteilt sich im Skelett des Patienten und schützt so die Knochen vor Abbau und Bruch.

 

Schmerztherapie

Zusätzlich zur Behandlung des Prostatakrebses und seiner Metastasen ist für Betroffene die Behandlung von Schmerzen sehr wichtig. Heute ist es in den meisten Fällen möglich, die Schmerzen des Patienten in jedem Stadium gut zu lindern. Dazu stehen verschiedene Medikamentengruppen zur Auswahl, die der behandelnde Arzt als Tabletten oder Pflaster verschreiben kann. Dabei ist es auch möglich, mit der Behandlung zu starten, bevor (starke) Schmerzen auftreten, um die Lebensqualität des Patienten möglichst wenig zu beeinträchtigen.


Diese Informationen dienen lediglich einem Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten des Prostatakrebses und ersetzen in keinem Fall die Beratung durch Ihren behandelnden Arzt.

 

Video-Tipp: Alle Therapieoptionen im Überblick

Der Uro-Onkologe, Dr. Jörg Klier, stellt im Gespräch mit Moderator Gerd Wirtz die verschiedenen Therapieoptionen und Prostatakrebsstadien vor.

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